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Studiengebühren in Freiburg: Hochbegabte zahlen weniger

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Professor Michael Hartmann ist Professor für Soziologie an der TU Darmstadt und Verfasser der Bücher "Der Mythos von den Leistungseliten" und "Elitesoziologie". "Mit Intelligenztests als Förderkriterium wird das gleiche Problem entstehen, das wir schon jetzt bei den Stipendiaten der großen Stiftungen sehen, die an vielen Hochschulen von den Studiengebühren befreit werden. Jeder zweite Stipendiat in Deutschland bezieht sein Stipendium von der Studienstiftung des deutschen Volkes. Die Vollstipendiaten machen dabei aber nur 15 Prozent aus, über die Hälfte bezieht lediglich Büchergeld, weist also eine höhere soziale Herkunft auf. Das macht klar, welche Mechanismen dieser Elitenbildung zugrunde liegen: Wer aus einem bildungsnahen Milieu stammt, hat zunächst die besseren Schulnoten, dann den besseren Schulabschluss und schneidet auch bei der Vergabe von Stipendien besser ab. Dabei ist jemand mit einem solchen sozialen Hintergrund seltener auf finanzielle Förderung angewiesen, da die Eltern meistens gut verdienende Akademiker sind. Ähnlich wird es sich nun mit den Intelligenztestergebnissen verhalten. In diesen Tests schneiden vor allem diejenigen gut ab, die aus Akademikerhaushalten kommen und entsprechend auf solche Tests vorbereitet sind. Wer aus einem sozial schwächeren Umfeld stammt, wird es ungleich schwerer haben. Deshalb ist der IQ als Förderkriterium ungerecht, denn diejenigen, die eine Förderung aufgrund eines bildungsfernen Hintergrunds und fehlender finanzieller Mittel wirklich benötigen würden, fallen erneut durch das Raster. Mit diesem System werden in erster Linie diejenigen unterstützt, die einer Unterstützung am wenigsten bedürfen. Eine bessere und gerechtere Lösung wäre, die Studierenden anhand sozialer Kriterien von den Studiengebühren zu befreien." Auf der nächsten Seite erklärt Prof. Dr. Volz, Prorektor der Uni Freiburg, warum er die Befreiung von Studiengebühren für Hochbegabte fair findet.


Prof. Dr. Karl-Reinhard Volz ist Prorektor für Angelegenheiten der Studierenden und des Studiums an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. "Auch Hochbegabte kommen meist ohne Stipendium an die Universität. In den ersten zwei bis drei Semestern werden sie dann auf Stipendien aufmerksam. Häufig sind es die Dozenten und Professoren, die auf die Studierenden zugehen und ihnen die Bewerbung für ein Stipendium vorschlagen. Deshalb möchten wir der Entwicklung einen Schritt voraus sein und bereits bei der Erstimmatrikulation anhand des Intelligenztests fördernswerte Potenziale erkennen. Der Richtquotient von 130 ergibt sich aus dem Bundesdurchschnitt: Nur zwei Prozent der Gesamtbevölkerung haben einen IQ von 130 oder mehr. Wir haben mit unserem Fördermodell ein gutes soziales Gewissen, denn unseren Erkenntnissen aus empirischen Untersuchungen zufolge fallen nur die allerwenigsten Hochbegabten erst an der Hochschule auf. In der Regel wissen Eltern und Lehrer schon Jahre vor dem Schulabschluss, ob ein Kind hochbegabt ist oder nicht – egal aus welchen sozialen Verhältnissen es stammt. Insofern ist das Argument, der Studiengebührenerlass würde nur diejenigen unterstützen, die es ohnehin nicht nötig haben, falsch. Wir sagen: Hochbegabte Mitstudierende in den Vorlesungen und Seminaren neben sich sitzen zu haben ist ein Geschenk des "Bildungsabenteuers Universität". Natürlich wäre es wünschenswert, allen Studierenden aus einem bildungsfernen oder sozial schwachen Milieu die nötige Unterstützung zu gewährleisten. Allerdings muss man sehen, dass das Landeshochschulgesetz in diesem Punkt erhebliche Lücken aufweist, die wir als Hochschule allein nur bedingt schließen können. Allerdings haben wir genau aus diesem Grund anlässlich unserer 550-Jahr-Feier die Neue Universitäts-Stiftung gegründet. Dabei sind wir mit dem Ziel angetreten, 500 Stipendien für Studierende und Doktoranden zu finanzieren, die ganz besonders für sozial Benachteiligte vorgesehen sind." Wie Psychologen diese Maßnahmen einschätzen und was der Freiburger Asta dazu sagt, erfährst du in Marius Meyers Artikel Superschlaue zahlen nicht auf sueddeutsche.de.

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