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Woran wir sterben - Der Tagesticker vom 25.07.2007

Text: Der_Tagesticker
Dank der Medien und unzähligen, veröffentlichen Studien wissen wir ziemlich genau woran wir sterben: an Lungenkrebs, Passivrauchen, Autounfällen (SUV!), Feinstaub, AIDS, Herzverfettung, Alzheimer, Mord, BSE und der Vogelgrippe.










500 Millionen Menschen erkranken jährlich an Malaria



Jährlich werden so Millionen Menschen weltweit dahin gerafft: 2,5 Millionen durchs Rauchen, 2 Millionen durch Malaria, 10 Millionen durch Alkoholismus, von den Vergiftungen durch „harte Chemie“ in Lebensmitteln ganz zu schweigen. Man bekommt also zur Recht das Gefühl, dass nicht nur der bengalische Tiger auf die rote Liste der bedrohten Tierarten gehört, sondern auch der Mensch.



Nun ist es recht schwierig Daten aus der Kalahari oder den weiten Steppen der Mongolei zu überprüfen. Außerdem ist uns natürlich das Hemd näher als die Hose und so beschränken wir uns mal darauf, was unsere Landsleute so dahinrafft.



Auch hier dominieren die Übel der Zivilisation: Rauchen, Alkohol, Autos, ungesundes Essen, Feinstaub: 224.000 Tote durch rauchen. Jedes Jahr! 65.000 Tote durch Feinstaub! 160.000 durch Vogelgrippe. Moment – damit sind wir doch schon bei 449.000 Toten, also über 50%, der jährlichen Gesamttodesfälle in Deutschland.

Zumindest wenn man so einigen Zeitungen glaubt.

Woran sterben die anderen denn dann?










nichtlustig.de



Der deutsche Staat wäre aber nicht der deutsche Staat, wenn er nicht auch penibel erheben würde, was dem deutschen Bürger die ewige Steuerfreiheit beschert. Das Statistische Bundesamt stellt jährlich entsprechende Daten der interessierten Öffentlichkeit hier zur Verfügung.



2005 starben in Deutschland 830.227 Menschen, also knapp 11% der Bevölkerung. Hui, das ist ne ganze Menge, trotzdem der niedrigste Wert seit 1955. Na ja, damals gab es auch weder AIDS noch SARS oder BSE.



Wenn man regelmäßig die Zeitung liest, vor allem die etwas bunteren Blätter, mag man es kaum glauben; aber durch einen Mord vom Leben zum Tode befördert zu werden, läuft nur unter ferner liefen: In Deutschland wurden 2005 453 Menschen. Fast doppelt soviel starben durch eine verschluckte Fischgräte, knapp 800 nämlich.



Selbstmord oder „vorsätzliche Selbstbeschädigung“ wie es die Statistik nennt, verübten hingegen 10.260 Personen – mit Abstand am häufigsten übrigens Männer (7.523 zu 2.537).

Bei Mumps ist das Verhältnis übrigens fast umgekehrt: 1 zu 3.



Grippe oder Pneumonie forderte sogar die doppelt so viele Opfer wie der Selbstmord: 22.000 Tote. Dagegen nehmen sich 5.458 Verkehrstote vergleichsweise harmlos aus. Wie viele nun den viel gescholtenen SUVs zum Opfer fielen, geht aus der Statistik leider nicht hervor. 14.535 fielen anderen Unfällen zum Opfer, der weit aus größte Teil (ca. 12.000) Haushaltsunfällen.



Der Berichterstattung zum Trotz starben „nur“ 656 Menschen an HIV und auch der Alzheimer-Hype stellt sich als völlig übertrieben dar: 4.882 also knapp 0,588 % aller Todesfälle. Die meisten erwischt es übrigens im Alter zwischen 80 und 85 (1.399).

24.342 Menschen werden von Diabetes dahin gerafft, 16.329 richten sich mit Alkohol zu Grunde und 40.641 an Lungenkrebs. Es starben insgesamt “42.217 an Erkrankungen, die in Zusammenhang mit dem Konsum von Tabakprodukten gebracht werden können.“



Nun fragt man sich unwillkürlich wie der durchschnittliche Journalist auf seine Horrorzahlen kommt. 41.000 Tote die in Zusammenhang mit dem Konsum von Tabak gebracht werden können(!) sind nun mal ein anderer Schnack als die so oft kolportierten 224.000 Todesfälle. Aber vielleicht hat er sich ja nur in der Statistik vergriffen und aus Versehen den Zettel mit den weltweiten Zahlen genommen hat. Allerdings sind es ja weltweit angeblich 2,5 Millionen … .



Warum aber die Unfalltoten mehr mediale – und politische – Aufmerksamkeit genießen, als die doppelt so vielen Selbstmörder, liegt vielleicht daran, dass man bei letzteren die Täter nicht mehr verantwortlich machen kann. Überlegen sollte man sich allerdings, ob man nicht eine größere Aufklärungskampagne über die Gefährdung durch Fischgräten auflegen sollte. Immerhin sterben daran mehr Menschen als an AIDS.



Hast Du Dir schon mal Gedanken über den Tod gemacht? Wenn ja, welche? Woran, glaubst Du, wirst Du sterben? Und woran möchtest Du auf gar keinen Fall sterben?



Den heutigen Tagesticker präsentiert der puster und das Statistische Bundesamt.

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