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Abi-Scherz? Pah! Wie in Lingen Abiturienten zu Festivalmachern werden

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Das Festival ist bei euch Tradition wie bei anderen der Abi-Gag: Wie kam es dazu? 1981 war das eine spontane Sache in der Zeit kurz nach dem Abi, wo man eh nichts zu tun hat. Die Abiturienten haben sich damals auf einer Wiese getroffen, Bühne und Getränkebude aufgebaut, Musik und Workshops gemacht. Das hat sich zu einem professionellen Festival entwickelt und heute haben wir Konzerte, bekannte Bands, Zeltplatz und Info-, Merchandising- und Verpflegungsstationen. Aber alle die anpacken, sind Abiturienten. Wie stemmt ihr den Aufwand für so ein Festival? Wir können das nur durchziehen, weil wir ein Verein sind. Im Prinzip geht’s schon ein Jahr vorher los. Die aktuellen Abiturienten und Organisatoren gehen bei den Zwölftklässlern rum und machen Werbung. Und die entscheiden dann: Wollen wir oder nicht? Und bislang waren alle begeistert von der Idee und traten dem Verein bei, wofür man 55 Euro pro Nase zahlt. Dann wird das Abifestival-Komitee gegründet, eben auch wie unser Abi-Ball- oder Abi-Gag-Komitee. Die Leute sind allerdings gleichzeitig der Vereinsvorstand. Der harte Kern sind also zwei Vorsitzende, Kassenwart, Schriftführerin und Leute für Band-Booking, Sponsoring oder Technik.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Musik! Eindruck vom Festival im Emsland. Und woher wisst ihr, was zu tun ist? Schließlich ist das ein großer Haufen, der organisiert werden will: Sponsoren ranholen, Genehmigungen, Shuttleservice, Bühne … Wir haben ein Wiki eingerichtet, um Infos zu sammeln. Außerdem gibt’s einen Förderverein mit ehemaligen Abiturienten und anderen, die uns coachen oder aushelfen, zum Beispiel bei Kosten oder Rechtsfragen im Band-Booking. Das ist übrigens der Job, auf den viele heiß sind. Wir haben mittlerweile einen ganzen Karton voll Demotapes von Musikern, die bei uns auftreten wollen. Bands wie Virgina Jetzt! melden sich natürlich nicht von selbst. Da läuft’s so, dass wir Bands, die wir uns ausgeguckt haben, einfach anrufen. Bei den Kontakten hilft auch ein Club in Lingen, wo viele gute Konzerte sind. Wen wir kriegen, hängt aber vom Budget ab. Bei der Gage müssen wir nämlich hart verhandeln. Super Freundschaftspreise bekommen wir nicht, da darf man nicht gleich beim ersten Angebot sagen: „Jupp, in Ordnung“.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Spezielle Kulisse: Im Hintergrund pafft ein Atommeiler. Wer unterstützt euch? Auch finanziell? Die Mitgliedsbeiträge sichern nur Technik und Material. Obwohl wir viele Partner für Bühne oder Security haben, ist es immer noch sehr, sehr teuer. Weil alles ehrenamtlich läuft, wir nicht daran verdienen oder Eintritt nehmen, sind Sponsoren und Spenden absolut wichtig. Zum Glück haben wir dieses Mal einen Großsponsor. So können wir zum Beispiel die Bühnentechnik bezahlen. Auch von der Stadt kriegen wir Hilfe bei Behördengängen. Damit wir für Genehmigungen nicht ständig von A nach B rennen müssen, bekommen wir einen Ansprechpartner, der alles regelt. Coolerweise kriegen wir von der Gemeinde auch das Festivalgelände kostenlos.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Vordere Front schneidet mit. Du bist Teil des Kernteams: Wie sahen deine Tage vor dem Festival aus? Es ging schon nach dem Abi-Ball letzte Woche los. Da liegt man gerade ein paar Stunden im Bett, guckt auf den Wecker und fährt los. Seitdem bin ich auf Achse: Materialsponsoren abklappern, mit der Versicherung sprechen, Leute koordinieren. Ein irrsinniger Aufwand, weil alles von irgendwo hergefahren wird. Wenn Sonntagmittag die Bühne angeliefert wird, ist es egal, ob man erst um sechs im Bett war. Wir leben geradezu auf dem Festivalgelände, zelten und essen hier, stellen Zäune auf, buddeln Kabel ein und gleich gibt es eine Feuerwehrübung. Dazu kommen unerwartete Sachen. Heute, zwei Tage vor dem Festival, muss ich zum Beispiel, weil der Platz vom Regen so matschig ist, noch eine LKW-Ladung Schotter organisieren.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Kernmannschaft der Organisation - zweiter von links ist Max. Wieviel schlechter wird die Abi-Note, wenn man ein Festival organisieren muss? Antworten im zweiten Teil des Interviews auf der folgenden Seite. Außerdem zeigen wir Impressionen vom Festival.


War denn schon beim Pauken für die Prüfungen so viel fürs Festival zu tun? Ein ehemaliger Vorsitzender meinte, dass durch das Festival seine Note von 2,5 auf 3,5 runter gegangen wäre. Das war bei mir aber nicht so. Außerdem sind die Prüfungen schon Ende Mai vorbei. Wenn man auf die Ergebnisse wartet, kann man eh nichts machen. Da hab ich mich also um T-Shirts und Merchandising-Sachen gekümmert. Wo sind die Abiturienten im Einsatz, wenn es richtig losgeht? Das meiste ist kurz vor und während des Festivals zu tun. Ein Team hilft beim Aufbau vom Backstagebereich oder macht Technikhandlanger. Während des Festivals sind alle bei sämtlichen Ordnerdiensten im Einsatz: Ausweise kontrollieren, im Bühnengraben stehen, den Platz bewachen usw. Koordiniert wird das von Leuten vom „Produktionsbüro“, unserem Bauwagen-Büro. Außerdem gibt es noch Jobs bei der Bandbetreuung oder dem Catering. Das Local-Catering ist wie eine riesige Suppenküche im Zelt. Mit dem Küchenequipment, das wir von der Kirchengemeinde geliehen haben, werden dann Spaghetti, Kartoffelsuppe oder Gyros gekocht. Letztes Jahr gab’s auch um fünf Uhr morgens noch Spiegeleier für alle, die die Nacht durchmachen mussten. Nach dem Festival ist alles natürlich ein Schlachtfeld. Da geht’s los, dass man in einer Menschenkette über den Platz läuft und jede Scherbe einzeln aufhebt. Andere fahren in der Zeit in den Süden. Warum macht ihr das? Das ist die Faszination, was richtig Großes auf die Beine zu stellen. Die Leute von 2001 erzählen noch heute davon, wie sie damals Incubus an Land gezogen haben. Als Festivalgänger sehe ich das erste Mal, wie viel Arbeit dahinter steckt. Man lernt, wie man Leute motiviert, Teams koordiniert, Abläufe hinbekommt, Kontakte zu Sponsoren kriegt. Mir war es wichtig, das alles mal gemacht zu haben, weil ich direkt danach „Kunst und Technik“ studiere. Und so wollen viele etwas in dieser Richtung machen: Veranstaltungsmanagement oder Ähnliches. Außerdem ist es eine große Abschlussparty. Selbst, wenn auf dem Festival nur gearbeitet wird. Aber auch das macht Spaß. Wenn man nicht gerade im Nirgendwo Wildparker kontrollieren muss. Dafür gibt’s aber eine Warm up Fete und eine, wenn alles überstanden ist. In 20 Jahren: Was wird dir einfallen, wenn du an deinen Abschluss denkst? Das Abifestival, ganz klar. Beim Abi-Ball sind alle einen Abend betrunken und nachher kann sich keiner mehr daran erinnern. Die Abi-Entlassung ist von den spröden Reden der Schulleiter gefüllt. Beim Festival aber wachsen die Abschlussjahrgänge echt zusammen. Das ist ein Erlebnis, das man mit Sicherheit nicht vergisst. Und: Man kann jedes Jahr wiederkommen. Was wäre dein Tipp für alle, die ein Festival organisieren wollen? Jemanden fragen, der sich damit auskennt - ganz ohne die vielen Unterstützer kämen wir hier ganz schön ins Schwimmen. Auf den folgenden Seiten zeigen wir weitere Impressionen vom Lingener Festival - alle Fotos haben uns dankenswerter Weise die Veranstalter überlassen.

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Illustration: Julia Schubert


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