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"Ohne Vision wird´s schwer": Interview zum jungen Polit-Magazin polar

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Vermutlich waren die Zeiten selten schlechter, um unter jungen Leuten politische Diskussionen loszutreten. Kann ein Magazin wie polar da überhaupt durchdringen? Die Zeiten sind in Wahrheit wahrscheinlich immer gleich schlecht - also auch immer gleich gut. Man sollte tun, was möglich ist, und polar ist eine Möglichkeit, zu politischen Fragen ins Gespräch zu kommen. polar ist ein Do-it-yourself-Projekt ohne großartigen ökonomischen Background. Alle Beteiligten haben andere Broterwerbs-Berufe. Gerade das macht die Sache spannend, da so unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen und man zugleich dem Uniformitäts-Zwängen durch Absatzquoten und Werbeindustrie etwas entgehen kann. Gleichzeitig wird es dadurch aber auch anstrengend und mitunter etwas improvisiert.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wie kam es zur Idee für polar? In den Städten, in denen wir leben, stellten wir fest, dass jeder in seinem Ghetto lebt. Künstler mit Künstlern. Politiker mit Politikern. Akademiker mit Akademikern. Dabei gibt es eigentlich ein großes gemeinsames Bedürfnis, zu gesellschaftlichen Fragen ins Gespräch zu kommen – und den eigenen Blickwinkel einzubringen. Aber: Wer aus der Szene-Nische heraustritt, macht sich angreifbar, weil er die Gepflogenheiten des eigenen Milieus durchbricht. Politiker werden animiert, ihre Textbausteine wegzulegen, Pop-Redakteure ihren subjektivistischen Befindlichkeits-Sprech. Das tut weh, ist aber auch eine riesige Chance. Wie war das Echo? Es gab positive Resonanz. Uns weht aber auch ein ziemlicher Wind ins Gesicht, da die beschriebenen verfestigten Milieus auf den Plan treten. Gäbe es keine Kritik aus bestimmten Ecken, dann hätten wir auch etwas richtig falsch gemacht. Ein uneingeschränktes Lob von der "Zeit" wäre aus unserer Sicht genauso seltsam, wie das Schulterklopfen eines depolitisierten Pop-Journalisten. Wir suchen die produktive Reibung und dafür brauchen wir einen langen Atem. Das Problem, dass man mit einem Projekt dieser Größenordnung nicht über einen bestimmten Kreis hinauskommt, ist natürlich immens. Wir geben uns Mühe, nicht auf Distinktion zu setzen, sondern auf Offenheit und Lesbarkeit. Wir wollen zur Mitsprache ermutigen, anstatt die Schotten dicht zu machen. Nun arbeitest du im Auswärtigen Amt. Wieviel von politischen Visionen bleibt denn im Alltag noch übrig? In der Außenpolitik redet man ja gerne von der „Realpolitik“. Das ist dann wohl der Bereich, wo konkrete Handlungsstrategien gefragt sind. Dennoch glaube ich, dass Politik auf Leitbilder, die Orientierung geben, nicht verzichten kann. Für weite Teile der jungen Generation ist die europäische Einigung doch fast schon selbstverständlich. Diese europäische Selbstverständlichkeit ist jedoch Ergebnis harter Arbeit, Ergebnis eines außenpolitischen Projekts, das den Namen Europa trägt. Ähnliches gilt für die außenpolitischen Entwicklungen von morgen und übermorgen. Der Aufstieg neuer Spieler in der Weltpolitik, zerfallende Staaten in Afrika, internationaler Terrorismus, Klimawandel: das alles sind Herausforderungen, die wir ohne klare Orientierung, ohne politische Vision nur schwer werden bewältigen können. Die zweite Ausgabe von polar kommt nächstes Jahr. Um was wird es gehen? Der Titel der nächsten Ausgabe, die am 15. März erscheinen wird, lautet „Ökonomisierung“. Es geht dabei um die Frage, wie die Ökonomie unser Leben bestimmt und für welche Wirtschaftsordnung wir eintreten sollten. Neben den großen Theorien gibt es einen Blick auf unseren Alltag und wir betrachten die Wirtschaftsweisen in anderen Regionen der Erde. Weitere Informationen über die Autoren und den Inhalt des ersten und aktuellen Heftes hier: www.polar-zeitschrift.de

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