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Die ewige Suche nach der jungen Welle

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Herr Grotzky, die Jugendlichen in Bayern schauen auf Sie. Was ist denn nun? Johannes Grotzky: Wir wollen alle eine junge Welle. Das hat die Rundfunkrats-Sitzung am 12. Oktober gezeigt. Ich persönlich habe immer gesagt: Ich wünsche mir eine Junge Welle, die alle erreicht und wollte sie mit dem Durchbruch für das digitale Radio verbinden.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Digitales Radio kann man derzeit kaum hören, weil die Sendeleistung zu gering ist und die Wenigsten ein Empfangsgerät besitzen. Das Digitale macht nur in Verbindung mit einer Geräteoffensive Sinn. Da gibt es einige Ideen: Die Rundfunkrätin Martina Kobriger vom Bayerischen Jugendring könnte mit ihrer Organisation eventuell behilflich sein, die Geräte mit unter die Jugendlichen zu bringen. Denkbar wären von unserer Seite Off-Air-Veranstaltungen. Voraussetzung ist aber, dass man das Programm vernünftig empfangen kann, also eine Erhöhung der Feldstärke. Es gibt eine Digitalisierungs-Offensive zusammen mit den privaten Sendern, der Industrie und der Politik. Am Montag vor einer Woche haben wir uns in der Staatskanzlei getroffen. Was ist dabei rausgekommen? Wir haben die Münchner Erklärung zur Digitalisierung verabschiedet, die die Bayerische Staatsregierung, das Bundes-Wirtschaftsministerium, BMW, Audi und andere unterschrieben haben. Wir wollen die Digitalisierung und wir wollen die Leistungserhöhung für die Sendekapazitäten schnell. Eberhard Sinner, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, hat gesagt, dass die Entscheidung bis Ende des Jahres stehen und auch umgesetzt sein muss. Jetzt wird hoffentlich bald in Berlin eine Entscheidung fallen. Junge Welle also doch digital? Unser Problem, auch der Privaten, ist, dass wir die 19- bis 29-Jährigen nicht mehr ans Radio bekommen. Ich unterrichte seit Jahren an der Uni und habe mit vielen jungen Menschen Kontakt, die kein Radio mehr besitzen. Mein jüngster Sohn zum Beispiel. Aber ich sehe, auch über unsere Podcast-Abrufzahlen, dass uns immer mehr Menschen über das Internet hören. Wir müssen deshalb begleitend zu einer Jungen Welle, ob digital oder auf UKW, ein starkes Angebot im Internet aufbauen mit Video- und Audioblogs und einer Community. Wenn im Digitalen nichts läuft, ist die Frage, ob wir ein Programm von UKW runternehmen. Ich habe das im Hörfunkausschuss am 5. Oktober als eine Alternative angeboten: Bayern 4 Klassik ins Digitale und dafür die Junge Welle auf UKW. Dafür gab es keine Mehrheit, sondern eine Empfehlung für digitale Angebote mit einer Online-Offensive und einem Radiolabor, um neue Formate auszuprobieren. Gegen dieses Modell gab es später im Rundfunkrat Widerspruch. Wie geht es denn nun weiter? Einige Rundfunkräte haben gesagt, wir wollen gleich auf UKW. Ich soll in einer der nächsten Rundfunkratssitzungen noch einmal beide Alternativen vorstellen und erklären, was es bedeutet: Junge Welle digital oder Bayern 4 Klassik digital und im Kabel sowie das jeweils andere auf UKW. Danach will der Rundfunkrat ein Meinungsbild als Empfehlung an die Geschäftsführung geben.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Screenshot der Zündfunk-Hompage und der BR-Musikplattform Bavarian Open Source Und wenn es ein Votum für eine Junge Welle auf UKW wird? Dann müssen wir uns überlegen, ob das nicht für unsere Entscheidung ausschlaggebend sein kann. Es gab bisher bloß nie dieses Votum, sondern es hieß immer: die bestehenden Programme nicht antasten. Wenn der Rundfunkrat eine Mehrheits-Empfehlung für UKW gibt, bin ich mir sicher, dass wir es machen. Mit was für einem Programm erreichen sie heute die 14- bis 29-Jährigen? Wir haben kein Vollprogramm für diese Zielgruppe, aber wir haben Spezialprogramme: Sendungen wie „19.4“ etwa, die einen schönen Zugang zu klassischer Musik liefert. Sie sind aber nicht in einer Welle gebündelt . Die einzige Ausnahme sind die täglichen Sendeleisten des „Zündfunk“. Wir haben mit dem Festival „Bavarian Open“ und der Musikplattform „Bavarian Open Source“ auch eigene Musikangebote entwickel und sind der erste Sender, der kostenfrei Musik zum Download im Netz anbietet. Außerdem erreicht heute schon Bayern 3 einen Teil dieser Zielgruppe. Überlegen Sie, den „Zündfunk“ als einziges tägliches Programm für junge Leute auszubauen? In meinen Überlegungen spielt das eine große Rolle für den Fall, dass keine Junge Welle auf UKW kommt. Der „Zündfunk“ bedient natürlich eine bestimmte Zielgruppe, die im Independentbereich und nicht im Mainstream verortet ist. Auf den „Zündfunk“ folgt in Bayern2Radio ein Kulturabend. Im Fall einer möglichen Neupositionierung des „Zündfunks“ kann man sich über diesen Abend noch einmal Gedanken machen. Warum soll ich heute als 20-Jähriger die Radio-Programme des BR einschalten? Weil ich dort als 20-Jähriger viel entdecken kann. Beim Infokanal B5 aktuell erfahre ich, was in der Welt und in der Region passiert. Wenn ich als 20-Jähriger Independentmusik mag, kann ich den „Zündfunk“ einschalten, wenn ich mich für Filmmusik interessiere unsere Filmmusiksendungen. Aber es bleibt das Problem: Die jungen Hörer - und auch die jungen Leser - haben den traditionellen Medienkonsum gegen den selbstdefinierten Zugang zu Inhalten ausgetauscht, die übers Internet laufen. Das ist eine Herausforderung für die etablierten Medien.

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