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"In Weißrußland können wir Tschernobyl gar nicht vergessen"

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Welchen Stellenwert hat die Anti-Atom-Bewegung in Weißrussland? Die weißrussische Umweltbewegung arbeitet in unterschiedliche Richtungen. Vor allem geht es uns darum, Aufmerksamkeit auf Umweltprobleme zu lenken. Natürlich sind die Folgen des Unfalls von Tschernobyl das vordringlichste Problem, weil fast 23 Prozent von Weißrussland seitdem kontaminiert, also verstrahlt, sind. Damit hat jede Region des Landes Probleme. Ganz allgemein gibt es in Weißrussland keine besonders aktive Anti-Atom-Bewegung – was auch daran liegt, dass Weißrussland keine eigenen Atomkraftwerke hat. Es gibt in dieser Hinsicht nichts, wogegen wir in unserem Land protestieren könnten.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Alexej Nesterenko, 32, arbeitet für eine weißrussische Umwelt-NGO (Photo: Daniel Erk) Welche Rolle spielt der Unfall für Tschernobyl im Bewusstsein der Weißrussen? Schwindet die Erinnerung, wie hier in Deutschland? In Weißrussland ist es gar nicht möglich, Tschernobyl und seine Folgen jemals zu vergessen – tragischer Weise. In manchen Regionen konsumieren viele auch heute noch kontaminierte Lebensmittel, das hat natürlich Konsequenzen für die Gesundheit der Menschen. In Folge der Explosion und der Verseuchung ist die Zahl der Erkrankungen an Kehlkopfkrebs immens gestiegen. Insofern können die Menschen in Weißrussland Tschernobyl gar nicht vergessen. Wenn die Folgen von Tschernobyl immer noch so präsent sind, warum nehmen die Menschen dann noch immer verseuchte Lebensmittel zu sich? Vor allem weil sie oftmals keine Wahl haben. Die Lebensmittel, die von den staatlichen Lebensmittelbetrieben hergestellt werden, sind mehr oder minder sauber. Sie unterliegen einem System strikter Kontrollen und das funktioniert auch. Aber die Menschen, die auf den Dörfern leben, ernähren sich vor allem vom dem, was sie selbst herstellen. Sie bauen Kartoffeln an, halten Rinder und so weiter. Wenn sie mehr Geld hätten, könnten sie in die Läden gehen und saubere Lebensmittel kaufen – aber das ist vielen finanziell nicht möglich. Deine Gruppe nimmt am Wochenende am Youth Energy Summit in Berlin teil. Was erhofft ihr euch von dem Kongress? Unsere weißrussische Delegation besteht aus elf Leuten zwischen 20 und 30, die aus verschiedenen Gegenden des Landes kommen. Sie kommen mehrheitlich aus Grassroots-Projekten wie dem weißrussichen Jugendverband Addemo, aus Schulen in Dörfern in den verseuchten Gebieten und anderen, die sich in der Umweltbewegung des Landes engagieren. Unser Hauptziel ist, einmal mehr die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft für die Tschernobly-Thematik zu bekommen. Die westlichen Gesellschaften sind von Tschernobyl kaum betroffen und das Interesse an den Langzeitfolgen nimmt leider immer mehr ab. Das diesjährige, traurige Jubiläum des Unfalls gibt uns die Chance, das Thema nochmals auf die Agenda zu bringen. Vor allen Dingen wären gemeinsame Forschungsprojekte von Wissenschaftlern aus Westeuropa und Weißrussland wünschenswert. Gemeinsam könnte vor allem man wesentlich effektiver an Forschungsvorhaben arbeiten. Ein anderes Thema für uns ist, dass es über ganz Europa verteilt viele Kernkraftwerke gibt. Und es gibt keine Garantie, dass es ein Unfall wie Tschernobyl nicht auch in Frankreich oder einem der anderen Länder passieren könnte. Gerade Weißrussland hat Erfahrungen, schlechte Erfahrungen, mit einem solchen Unfall gemacht – diese könnten auch für Wissenschaftler in Westeuropa von Interesse sein. Die Jugendkonferenz zu erneuerbaren Energien der Youth Energy Summit 2006 findet vom 20. bis 23. April in der Freie Waldorfschule, Ritterstr. 78, in Berlin-Kreuzberg stattfinden. Am Freitag den 21. April spricht um 14 Uhr der weißrussische Wissenschaftler Prof. Vasily B. Nesterenko zu den Ursachen und Folgen von Tschernobyl. Das vollständige Programm des Kongresses findet sich hier. Die Bundjugend Berlin sammelt Geld, das in Messstellen inverstiert wird, mit dem die Menschen in weißrussichen Dörfern Lebensmittel auf atomare Verseuchung testen können, mehr dazu: da.

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