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Your (not) the (only) one who makes me feel like shit

Text: Misouk
Die Luft ist dick. "Ich warte auf das Gewitter, das die Seele kühlt, weil ich [hoff] dass der Regen meinen Schmerz wegspült..." (> FK)

Aber es gewittert schon seit zwei Tagen und hier wird die Luft davon nur unwesentlich frischer davon. Auf der anderen Seite meiner Welt. Auch die Zeit vergeht hier schneller, es ist 01:04.

Und Vollmond. Ich bin Träumerin. Keine Nacht vergeht traumlos. Meine Mitbewohnerin ist Zeugin, die Wände sind dünn. Ich träume viel von Insekten- in meinem Bett. Dann spring ich aus dem selbigen und such panisch das Licht. Dann wird mir erst mal schwärzer als es sowieso schon ist, aber immerhin doch mit meinen eigenen Sternchen..der Lichtschalter befindet sich hier nicht an der Wand, sondern an der Decke; es sind so etwas wie zwei Pendel die da in der Luft hängen,

die wollen erst mal gefunden werden. Ziehe ich zuerst am Falschen, gibt's statt Licht erstmal nur Luft. Wenigstens aber keine heiße- als Ventilator wäre das ja auch wenig sinndienlich. Nach der Erleuchtung die Zweite..ich denk mir: aber Misouk, es war doch so dunkel, du kannst die Kakerlake/ Spinne- oder eine der anderen diversen, erträumten Krabbeleien-doch gar nicht gesehen haben...ah ja, stimmt! Aber trotzdem sehr unangenehm.

Freitag hatte ich einen schönen Traum: nach langer Reise am Zielbahnhof, bin ich von jemandem abgeholt worden, der mich dort in der Tat oft abgeholt hat- und mittlerweile zum Traum geworden ist.

Er hat mich geküsst zur Begrüßung, wie er halt küsst und wie man es vor allem nach langer Trennung tut. Und es hat sich wirklich genauso angefühlt. Aber dann bekam ich Zweifel, wie noch als Kind, wenn ich geträumt hab, ich könne fliegen. Dann hat sich mein Bewußtsein eingeklingt und ich bin abgestürzt. Und wie ich zuvor, beim Fliegen "dieses Kribbeln im Bauch" hatte, hab ich mit den Füßen gewackelt beim Absturz.

Jedenfalls kam auch irgendwann während dieses Freitagtraums der Absturz. Nachdem ich beschlossen hatte nicht mehr an meiner Liebe festzuhalten. Nach fast sechs Jahren Zusammensein, jetzt im zweiten Trennungsjahr. Darin inbegriffen ein halbes Jahr auf einer "Trauminsel". Ich hab mittlerweile wohl einige Loskommenstrategien durch und das Ganze hier steht unter der Rubrik "Sex", weil das eine davon war.

Von demjenigen, der mir's beigebracht hat, war die Rede; der Mann aus meinem Traum. Da war ich sechzehn. Er hat mir immer vorgeworfen irgendwann auch mal noch "andere" Erfahrungen machen zu wollen, schließlich ist das ungerechter Weise für Frauen ja viel einfacher. Daraus hab ich dann geschlossen, dass es ihm selbst wohl so geht..

Dann musste ich irgendwann anfangen dran zu glauben. Außerdem hatte es ab irgendwann den Anschein, dass Alles einfach interessanter, wenn nicht so sicher ist. Beim Spiel mit dem Feuer haben wir uns dann schließlich verbrannt.

Eine ganze Zeit danach war mir gar nix mehr möglich. Vor allem nicht, worauf er immer gewartet hatte: dass ich nun heißhungrig alles "Verpasste" nachhole..ich war mir nämlich so sicher dass es nicht so war- und wollte ihm das auch beweisen- nur andersrum nicht. Damit hat das Entheiligen seinen lauf genommen.

Das Paradoxe war nämlich, dass er mich zwar prinzipiell zwar für sich alleine wollte- aber auch mich auch ebenso von Anderen begehrt. Was ich auch war, aber ich dachte, der ultimative Liebesbeweis bestünde darin, ihm zu zeigen, wie scheißegal mir das war. Damit hab ich mich aber einfach immer uninteressanter gemacht, während ich dachte, wir stehn da sowas von drüber.

Dann hab ich plötzlich mitgekriegt, dass er die Freiheit, auf die ich verzichtete, bzw. nix mit ihr anfangen konnte, großzügigst ausnutzte.

Irgendwie hatte ich bis zu dem Zeitpunkt wohl gedacht, das Ganze sei ein Test, ob zu sehen ob ich auch wirklich niemanden will.

Dann plötzlich wollte ich aber doch, weil ich nicht mehr wußte wer ich war, weil ich mit ihm zusammen erwachsen geworden war und mich also plötzlich nicht auf was berufen konnte wie" vorher ging's doch auch ohne"- denn da war ich eigentlich noch mehr Kind.

Ich hab dann angefangen mich abzulenken, ganz klassisch, mit Bier und so. Zu dieser Zeit hab ich dann mal gehört, ich hätt sowas "abgefucktes"- was allerdings nicht im wahrsten Sinne zutreffend war. Ich war da am liebsten unter Leuten, die alle so sind, klar ja auch, glückliche,"normale"waren mir unerträglich.

Es galt dann nur die Hemmschwelle zu überschreiten. Wenn ich besoffen genug war, bin ich anfangs zwar mitgegangen, um mich dann aber ungetan recht schnell wieder zu verabschieden.

Aber alles nur Übungssache. Sex aufm Clubklo mit einem nur Schemenhaften, für seinen Namen hab ich mich dann auch nicht interessiert. Das nennt man dann Rock und so. So frei und doch so dramatisch. Das Ganze hat mich in etwas mehr als einem Jahr tatsächlich viel nachholen lassen. Und wie ich einst "ganz" für die ganzen Jahre war so war's auch diesmal.

Dann wieder Szenenwechsel: die Möglichkeit einer Insel hat sich mir geboten.. und einige befürchteten zurecht, dass mich die Sonne und die Inselklänge verweichlichen könnten.

Und die ganze Musik die ich mitgebracht hatte, findet hier tatsächlich nur noch selten Anklang. Weil ich nicht mehr so wütend bin.

Mein Weggang als ein neuer großer Umschwung: von regelmäßigem, langjährigem Sex mit dem Einen, über viel mit vielen anderen, hin zur Enthaltsamkeit. Und ich würde nie eine werden wollen, aber ich versteh jetzt zölibatäre Geistliche besser. Man ist soviel aufnahmefähiger ohne den ganzen Stress und entdeckt neue Erfüllungen.

Aber gleichzeitig erinnern mich solche Träume an vergangene Wirklichkeiten. Ich habe immer noch lange drauf gewartet, dass er mich abholen kommt. Auch hier noch. Jetzt ist es bald vorbei und man erwartet mich zurück in der Vergangenheit.

Und obwohl ich mich schon darauf freue, werde ich dennoch in keinen der beiden mehr ankommen. Und ich sage nicht nur "ein Glück", weil es beides intensive Zeiten waren.

Aber ich warte auch nicht mehr drauf abgeholt zu werden.

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