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Piratenfischer im Rostocker Hafen

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Um zehn Uhr bei zwei Grad minus ging es los: 30 Greenpeace-Aktivisten fuhren in Schlauchbooten zu fünf im Rostocker Hafen liegenden Fischtrawlern und kennzeichneten sie mit Transparenten und Graffiti als „Piratenfischer“. Zudem forderten sie die Bundesregierung und die zuständigen Behörden in einem Fax auf, gegen die Schiffe vorzugehen, die derzeit im Rostocker Hafen für die neue Saison überholt werden. Der Grund: die Europäische Union und internationale Fischereiorganisationen haben sie als illegal gelistet. Iris Menn, 34, Meeresexpertin bei Greenpeace, war bei der Aktion am Montag dabei.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Foto: Thomas Haentzschel Was genau sind denn „Piratenfischer“? Das hört sich ja abenteuerlich an. Das sind Boote, die – wie es in der Fachsprache heißt - „illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei“ betreiben. Das heißt, sie fischen auf den Weltmeeren, ohne dass sie Fangquoten haben und ohne dass das, was sie gefangen haben, registriert wird. Was ist daran so schlimm? Auf den Weltmeeren ist die Fischerei in den meisten Bereichen geregelt, es gibt Quoten für bestimmte Fischarten, die an die unterschiedlichen Länder verteilt werden, es gibt Regularien, wann gefischt werden darf, mit welcher Maschenweite usw. Und an all diese Bestimmungen halten sich Piratenfischer nicht. Sie fahren unter so genannten Billigflaggen wie in diesem Fall Dominica, mit denen sie sich nicht an Fischereiabkommen halten müssen, da diese Länder den Abkommen nicht beigetreten sind. Dadurch wird es unmöglich, dass eine Fischereiregulierung wirksam stattfinden kann. Wie haben Sie diese Schiffe gefunden? Diese fünf Boote sind auf drei so genannten Schwarzen Listen von Fischereiabkommen als Piratenfischer gelistet. Man weiß deshalb von diesen Booten, dass sie schon seit Jahren illegal fischen. Wir haben diese Schiffe letztes Jahr im Atlantik beim Fischen gesehen, haben dann den Besitzer und den Charterer recherchiert, sind dadurch auf Rostock gestoßen und haben festgestellt, dass diese Schiffe dort regelmäßig überwintern. Letzten Endes haben wir dann nur gewartet, bis die Schiffe wieder einlaufen und nachdem die Behörden nichts unternommen hatten, haben wir heute diese Aktion gestartet. Warum liegen diese Schiffe im Rostocker Hafen? Der Charterer der Schiffe setzte sich bis vor kurzem zu je 50 Prozent aus einer russischen Firma und einer Rostocker Firma zusammen. Die Firma in Rostock hat allerdings vor einigen Wochen ihren Anteil verkauft. Seit Anfang November gibt es eine auf EU-Recht basierende deutsche Verordnung, nach der Piratenfischer nicht gechartert werden dürfen. Das heißt auch, sie dürfen in deutschen Häfen nicht mit Vorräten, Treibstoff und Dienstleistungen versorgt werden und sie dürfen auch keinen Fisch abladen. Letzten Endes kann da nicht mal eine Crew drauf sein, weil sie nichts zu essen bekommen dürften. Trotzdem liegen die Schiffe im Rostocker Hafen. Ja, wir haben sogar Fotos, auf denen zu sehen ist, wie Paletten auf die Schiffe im Hafen gebracht wurden. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, dass sie aktiv gegen die Piratenfischer vorgeht. Sie muss sicherstellen, dass die Verordnung auch umgesetzt wird und dass sich die Schiffe nicht fit machen können, um im Sommer wieder auszufahren. Was könnte man denn tun? Wir glauben, dass das Ministerium die Verpflichtung hätte, die Boote festzulegen und am Auslaufen zu hindern. Das Mindeste ist aber, die Verordnung konsequent umzusetzen und es dadurch den Schiffen zu erschweren, sich für die nächste Saison zu rüsten. Das für Fischerei zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium in Bonn teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mit, dass die Schiffe in Rostock nur eine Notversorgung erhielten. Vorräte, Treibstoff und Dienstleistungen, um wieder zum Fischen auslaufen zu können, bekommen sie aber nicht. Das sei das Einzige, was Deutschland tun könne, weil die Schiffe ein rechtliches Schlupfloch ausnutzten. Da der Inselstaat Dominica nicht Vertragsstaat der Nordwestatlantischen Fischereiorganisation und der Nordostatlantischen Fischerkommission sei, sei es völkerrechtlich nicht möglich, die Schiffe im Rostocker Hafen dingfest zu machen. Die Trawler fischten nur außerhalb der 200-Seemeilen-Zone der EU. Dies sei aus Sicht von Dominica und Piro-Fisch (die Rostocker Reederei) deshalb keine illegale Fischerei. Der EU-Ministerrat Agrar und Fischerei befasst sich gerade mit den Fischfangquoten für 2006.

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